Äh. Über die Unzulänglichkeit, sich gewandt zu artikulieren.

Betroffen davon ist fast jeder — leider auch die, die mit Quasseln ihre Brötchen verdienen: TV- und Radiomoderatoren, Pressesprecher, Journalisten, Lobbyisten, Politiker oder bspw. Interviewpartner von denen man, auf Grund ihres Berufes, ebenfalls erwarten könnte, dass sie gelernt haben, sich ohne penetrant-viele ähm’s oder äh’s zu artikulieren!

Natürlich muss man dabei zwei Faktoren unterscheiden. Einmal gibt es da die „Sprecher“, die sich auf das Thema, oder auf die zu beantwortenden Fragen, ausgiebig vorbereiten konnten. —Ergo den Text oder die Antworten auch kennen sollten, selbst wenn sie dabei dann immer noch frei sprechen müssen, also nicht von einem Blatt ablesen. Und zum anderen sind da die „Sprecher“, die wirklich aus dem Stehgreif, also ganz spontan, Rede oder Antwort stehen müssen — was das Sprechen ohne lästige ähm’s und äh’s natürlich schon erschwert!

Äh’s und ähm’s sind letztendlich nämlich nichts anderes als Denkpausen. Es geht beim Sprechen (außer wenn man einen Text abliest) ja immer darum, in Echtzeit einen Satz zu kreieren. Allerdings sollte dieser Satz auch Hand und Fuß haben und nicht so lang sein, dass man selbst den Faden verliert (äh — wo war ich gerade-?). Und man sollte sich auch nicht um Kopf und Kragen reden. Letzteres ist ja gerade für Top-Manager und Politiker besonders wichtig! Doch genau an dieser Rhetorik scheitern die Allermeisten von uns, selbst die, die von Berufswegen viel quasseln! Einen Satz mit Hand, Fuß und Faden zu kreieren, und ohne Kopf und Kragen dabei zu verlieren — und das alles in Echtzeit — ist eben eine Kunst. (Ich stelle mir das gerade bildlich vor — sehr schön!) Da braucht der eine oder andere dann doch mal eine, wenn auch kurze Denkpause, die er dann mit ähm’s oder äh’s füllt. Deshalb nennt man diese Denkaussetzer auch liebevoll Füllwörter.

Und weil fast jeder Mensch beim freien Sprechen diese Denkaussetzer hat, sind die äh’s oder ähm’s wie ein nerviger, kleiner Erkältungsvirus, der selbstbewusst und schonungslos um sich greift! Warum benutzt niemand ein hm oder mh? Warum müssen es immer die krächzenden ähm’s oder äh’s sein? Ist das auf allen Sprachen so? Ich glaube schon. Äh’s und ähm’s sind die internationalen und durchaus salonfähigen Lückenbüßer für kurzweilige Gehirnblockaden! Dabei würde es schon reichen, in dem Moment, wo das Gehirn einen Aussetzer hat, einen bewussten Atemzug zu nehmen. Statt noch mehr Sauerstoff zu verbrauchen indem man unbewusst, ja gar reflexartig, ähhhh sagt — was nicht nur dämlich klingt, sondern noch dämlicher aussieht — einfach das Gehirn mit einem zusätzlichen Energie-Booster in Form von  H8 versorgen.

Für mich persönlich ist es OK, wenn jemand ähm’s oder äh’s beim Sprechen einpflegt — wenn es nicht übermäßig oft geschieht. Also nicht öfter als zweimal, in einem Satz aus zehn Wörtern. In meinem Kopf, der alles immer sofort in Bilder umwandelt, ist der Sprecher in dem Moment der Süßigkeiten-Automat, in dem das Geld stecken geblieben ist und das Äh ist die Hand, die gegen die Wand des Automaten schlägt — damit der Groschen fällt!

Was mich aber doch sehr verwundert, wie viele Fernseh- oder Radiomoderatoren, oder Menschen die aus anderen beruflichen Gründen viel in den Medien zu hören sind, Ähm- oder Ähverseucht sind und sich dann durch ihre Worte quälen als würden sie unter starken Schmerzen leiden.

Es gibt jedoch sehr wenige wirklich gute Rhetoriker, die auch aus dem Stehgreif parlieren können, ohne ähm’s oder äh’s. Gregor Gysi, Christian Lindner, Ursula von der Leyen und Martin Schulz sind für mich die besten deutschsprachigen Rhetoriker — allesamt Politiker. Was jedoch die TV und Radiomoderatoren anbelangt würde mir niemand einfallen. Leider sind diese rhetorisch auch nur fit, solange sie ihren Text ablesen können und weil sich die äh’s oder ähm’s im Sprachgebrauch sehr gut eingebürgert haben, scheint dies auch niemanden mehr zu stören. Bleibt nur abzuwarten, wenn das Äh oder Ähm auch im Duden erscheint: Äh (Int.) Füllwört; äh, wo war ich gerade→Ähm

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