Außenseiter 2015

Außenseiter 2015
outsider-5Ein Außenseiter ist eine Person, die in einer Gemeinschaft, Gruppe, Club oder einer Organisation nicht akzeptiert, bzw. nicht integriert ist. Dies fängt oft schon in der Schule oder gar im Kindergarten an, denn auch dies sind Gruppen. Zwar gehören viele Außenseiter, als Erwachsene, durchaus dem großen „sozialen“ Kollektiv an, aber mindestens genauso viele von ihnen sind auch außerhalb von individuellen Kollektiven, wie Gruppen und Organisationen, so unangepasst, dass sie selbst in der großen, kunterbunten, sozialen Gesellschaft durch ihre Meinung, oder ihr Benehmen, oder ihr Äußeres, oder alles zusammen, zu sehr „aus dem Rahmen“ fallen. Und es gibt Personen, die nur in bestimmten Gruppen oder Organisationen als Außenseiter gelten, jedoch in anderen Gruppierungen gerade wegen ihrer besonderen Sichtweise oder ihres „auffälligen“ Verhaltens gut integriert sind.

Oftmals spiegelt auch schon das äußere Erscheinungsbild die Ansichten solcher Personen wieder. Dies fängt bei Fußballfans an und betrifft Punks, Rocker, Yuppies, Grufties, Ökos und Esoteriker genauso, wie bspw. Salafisten, Gangmitglieder oder gar Nonnen.  Das an was diese Personen glauben oder für was oder wie sie leben, ihre Ansichten, spiegeln sich oftmals in der Art, wie sie sich kleiden und/oder verhalten. Innerhalb ihrer Gemeinschaft sind sie gut integriert, außerhalb dieser Gruppe jedoch oftmals nicht. Der Fußballfan, der sein Trikot nur an den Wochenenden zu den Spielen seiner Mannschaft trägt und unter der Woche in seinen Anzug schlüpft und seinen Job als Angestellter erfüllt, würde nur dann zum Außenseiter, wenn er im Trikot seiner Mannschaft ins Clubhaus eines anderen Fußballvereins käme —  oder ins Büro. Personen bei denen sich ihre Weltanschauung oder ihr Glaube allerdings generell in ihrer Kleidung wiederspiegelt, dürften es da schon schwieriger haben. Angenommen Sie wollen sich ein Tattoo stechen lassen. Welchen Laden wurden Sie bevorzugen? Den, wo ein Punker und ein Altrocker, beide selbst mit unzähligen Tattoos übersäht, arbeiten oder den Laden von zwei adrett gekleideten Herren im Businessanzug? Und bei wem würden Sie eher eine Versicherung abschließen? Bei dem Punk oder dem Altrocker oder den beiden Herren im Anzug? Kleider machen Leute, das stimmt, aber allzu oft spiegeln sie heutzutage auch eine Lebensphilosophie. Früher konnte man anhand der Kleidung höchsten den Rang oder Status einer Person erkennen — jedenfalls in der westlichen Welt. Heute kann Kleidung viel mehr aussagen. Ein Anzug sollte vertrauenserweckend wirken — mir suggeriert er allerdings immer öfter „Vorsicht Blender“.
outsider-1Dabei bestimmt in der westlichen Welt die Mehrheit der Gesellschaft was oder wer normal oder unnormal ist, oder auch, ob sich bspw. ein Trend durchsetzt. Natürlich gibt es auch immer Vorreiter die solche Prozesse in Gang setzen. Früher waren es Individualisten, starke Persönlichkeiten, die hauptsächlich für Recht und Freiheit kämpften, die Veränderungen in Gang setzten und dadurch oftmals zuerst zu Außenseitern wurden, bis dass ihre Ansichten immer mehr Anhänger/Vertreter fanden. Wer früher etwas Neues in Gang setzen wollte, brauchte immer einen langen Atem und ein dickes Fell. Heute ist das alles etwas banaler, teilweise gar grotesk geworden, denn heute sind es eher sogenannte Modezaren, Prominente — auch prominente Terroristen, die neue Trends setzen oder eine Denkweise verbreiten, die schnell, und wie ein Virus, um sich greift und sich verbreitet. Dieser Viruseffekt entsteht, weil sich die Trendsetter von heute auch ganz bequem die Medien zu Nutze machen können. Und weil es gleichzeitig auch immer mehr Menschen gibt, die keinen eigenen Geschmack mehr haben, oder in der Überzeugung handeln, wenn sie immer schön brav der breiten Massen hinterherlaufen, sind sie Trendy oder jedenfalls gut integriert, haben es diese Trendsetter immer einfacher, genügend dumme Schafe zu finden, die ihnen willenlos folgen.

Selbst Sektenführer oder terroristische Gruppen profitieren von der zunehmenden Verdummung und den Medien, denen es alleine um Einschaltquoten oder Verkaufszahlen geht. Und ich für meinen Teil glaube auch, dass diese Verdummung der einzige Grund ist, warum Typen wie bspw. Karl Lagerfeld überhaupt seriös genommen werden konnten. Jedenfalls — wer heute noch selbstständig denkt und dann frei entscheidet was er tut — unabhängig von dem, was die breite Masse tut, wird immer mehr zum Außenseiter, zum Querulant. Früher war das einfacher. Da musste man häufig selbst entscheiden, weil es vor 100 Jahren noch keine Medien in der heutigen Form und auch noch keine Medien-Gurus gab. Wer damals Glück hatte, konnte regelmäßig die Zeitung lesen. Heute werden wir von allen Seiten und den ganzen Tag mit Werbung berieselt, die uns erklärt, was wir benötigen oder was wir zu wollen haben.

outsider-4Vor 200 Jahren waren bspw. Frauen die Hosen trugen noch total unnormal. Es gehörte Mut dazu, sich als Frau durchzusetzen und trotzdem Hosen zu tragen, weil sie beim Reiten oder Arbeiten einfach bequemer waren, als lange Röcke. Damals war es als Frau natürlich auch noch viel schwerer, sich gegen die Männerwelt durchzusetzen, weshalb es auch kaum verwunderlich ist dass es ausschließlich starke, weibliche Persönlichkeiten waren, die „Hosen anhatten“. Daher rührt im Übrigen auch das Sprichwort. Aber das machte die hosentragenden Frauen damals natürlich auch zu Außenseiterinnen — vor allen Dingen bei anderen, rocktragenden Frauen.  Trotzdem haben sich die „Hosenweiber“ irgendwann durchgesetzt und heute ist es ganz normal, dass Frauen Hosen tragen, jedenfalls in der zivilisierten westlichen Welt. Wenn ich noch weiter in der Zeit zurückgehen würde, bis in eine Zeit vor 2000 Jahren, dann wären es die Männer die kurze Röcke trügen. Heute kaum vorstellbar, obwohl ich sofort dafür plädieren würde. Männer haben nämlich meistens viel schönere Beine, als Frauen! Der Mann der heute Röckchen trüge wäre allerdings ebenfalls ein Außenseiter, außer vielleicht er wäre Schotte. So viel zu den modischen Feinheiten.

Ein anderes Beispiel das 2015 einen Außenseiter definiert — unabhängig von seiner Kleidung — ist das Rauchen. In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war es noch normal, dass überall gequalmt wurde. Selbst Politiker im Fernsehen rauchten während des Interviews. Irgendwie wirkte dies wohl damals männlich und stark, zusammen mit den halblangen Haaren, Anzughosen mit Schlag und Hemdkragen die so lang waren, wie Hasenohren. Heutzutage wäre dies kaum mehr vorstellbar. Der ganze Look von damals wirkt heute ungepflegt und wer heute als Person des öffentlichen Lebens noch raucht, gilt eher als schwach — außer vielleicht man heißt Helmut Schmidt. Wer damals rauchte war in. Wer heute raucht ist eher out. Raucher werden immer mehr ausgegrenzt. Nicht, dass mich jetzt jemand falsch versteht. Jeder soll in seinen eigenen vier Wänden machen was er will, aber ansonsten bin ich ganz froh, dass Restaurants mittlerweile rauchfrei sind.

outsider-2Aber es gibt auch noch ganz andere Beispiele die heute einen Außenseiter definieren können. Zum Beispiel die Integrität. Ich frage mich, ob die Mehrheit der Bevölkerung überhaupt noch weiß, was dieses komische Wort bedeutet. Dahinter verbirgt sich ein ehrlicher Charakter! Auch diese Eigenschaft, obwohl es eher eine Tugend ist, kann eine Person heutzutage eher zum Außenseiter machen. Scheinheiligkeit ist die neue Integrität. Auch Menschen die offen und ehrlich ihre Meinung sagen, werden immer mehr zu Außenseitern — denn wer will denn wirklich noch hören, was Sache ist? Und Kritik im negativen Sinne verträgt eh kaum noch jemand. Leider wird dieses Verhalten auch noch von der Politik propagandiert.

Ein anderes Beispiel, das 2015 einen Außenseiter definieren kann ist jemand, der sich schämt Sozialgelder in Anspruch zu nehmen — etwas das früher ganz normal war. Ich glaube meine Großeltern wären noch eher verhungert, als dass sie je Sozialhilfe beantragt hätten. Jeder Job wäre ihnen recht gewesen, nur um keine staatlichen Almosen entgegen nehmen zu müssen. Heute sind wir ein Wohlfahrtstaat und es ist ganz normal, dass jemand Harz IV empfängt. Es wird sogar immer mehr Mode, damit auch noch zu prahlen, wie man es sich auf Kosten des Staates bequem macht. Ich für meinen Teil halte es wie meine Großeltern. Lieber ginge ich Steine klopfen, als je staatliche Almosen in Anspruch zu nehmen!

Auch Menschen, vor allen Dingen Frauen, die nicht übergewichtig sind, werden heutzutage immer mehr zu Außenseitern. Früher war es „die Dicke“ die im Fitness Studio ausgegrenzt wurde. Heute gibt es im Fitness Studio mehr dicke Menschen als Normalgewichtige.  In 10 oder 20 Jahren wird die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, und das nicht nur in der westlichen Welt sondern weltweit, übergewichtig sein. Schlanke Menschen werden dann die Ausnahme sein und vielleicht dadurch auch zu Außenseitern abgestempelt werden, so wie vor 20 Jahren dicke Menschen eher als Außenseiter betrachtet wurden. Und wer weiß — vielleicht dreht sich in den darauffolgenden 20 Jahren der Spieß erneut wieder um und bis 2055 sind es dann vielleicht die Fleischesser, die zu den absoluten Außenseitern geworden sind und Veganer sind dann ganz normal? Ich habe mal den Blick in die Zukunft gewagt und mir ausgemalt, wer in 30 oder 40 Jahren vielleicht zum Außenseiter geworden sein könnte: – der Jeanshosenträger, – Umweltverschmutzer, wie z.B. Menschen die noch Autos mit Benzinmotor fahren, – Menschen ohne implantierten Memory-Chip im Gehirn, – Naturblonde und Blauäugige, – Menschen die nicht von Verjüngungstabletten abhängig sein werden, – Menschen die noch nie im Weltall waren, – Menschen ohne Tatoos, – Menschen die nicht designed wurden.

outsider-3Ich persönlich mag Außenseiter, wenn es Individualisten sind! Heißt, wenn sie freiwillig die Haltung oder Position die sie vertreten eingenommen haben und dies nicht nur deshalb tun, um doch irgendwie irgendwo zu einer Randgruppe dazu zu gehören. Individualisten sind frei. Sie tun und sagen was sie wollen, passen in keine Gruppen — übernehmen allerdings für ihr Handeln auch selbst die Verantwortung. Dass sie manchmal, oder öfter, dadurch anecken gehört dazu. So erfahren sie auch wer tolerant und weltoffen ist. Ich selbst bin ebenfalls in vielen Dingen ein Individualist und fühle mich dadurch öfter mal als Außenseiter. Und natürlich ist das eine Ecke in die ich mich jetzt selbst hineinstelle — aber hineingegangen bin ich hocherhobenen Hauptes.

Bildmaterial:
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