Befreiungsmanöver bei Lagerungsschwindel

Nein, nein — dieser Blog handelt nicht von einem Aufstand ausgebeuteter Order-Picker im Warenlager irgendeines großen Internethändlers! Ganz im Gegenteil. Vor ein paar Wochen wurde ich morgens wach. Wie üblich lag ich auf der Seite, knapp vor dem Bettrand und mit dem Kopf so gut wie auf dem Nachttisch. Øsel hatte wie üblich das ganze Bett in Beschlag gelegt! Vorsichtig drehte ich mich auf den Rücken, ein Bein auf dem Boden, sonst wäre ich herausgefallen. Dann plötzlich drehte sich alles vor meinen Augen und ich hatte das Gefühl, als wenn auch mein Bett sich konstant drehte: von links nach rechts und wieder zurück, immer hin und her. Wie gut, dass ich zumindest einen Fuß auf dem Boden hatte — doch der konnte diese unangenehme Wahrnehmung auch nicht stoppen. Ich kam mir vor, als stünde mein Bett auf einer riesigen Unruh. Dieses Gefühl war allerdings so heftig,  dass mir davon augenblicklich übel wurde. Dann ließ der Schwindel nach, aber die Übelkeit blieb. Ich beschloss aufzustehen, doch als ich mich dazu wieder auf die Seite drehte, ging das ganze Spiel prompt von vorne los und alles drehte sich. Nach ein paar Sekunden war die Schwindelattacke erneut vorbei und ich schaffte es gerade noch zur Toilette, wo ich mich übergab.

dizzyMir war zwar immer noch etwas schwindelig, doch ich führte den Schwindel auf die Übelkeit zurück und nicht umgekehrt. Also schlich ich zurück ins Bett, legte mich auf den Rücken und wartete darauf, dass die Übelkeit verschwinden würde — jetzt, wo ich mich übergeben hatte! Ich war sicher, am Abend zuvor etwas Falsches gegessen zu haben. Allerdings hatte ich zu Hause gegessen und zudem auch das Gleiche, wie Theo. Theo hingegen ging es gut. Nach einiger Zeit, auf dem Rücken liegend, ging es mir dann auch schon wieder etwas besser. Sei‘s drum, dachte ich. Was von selbst kommt, geht auch von selbst! Doch dann drehte ich mich auf die Seite — und die Karussellfahrt ging von vorne los. Mittlerweile war mein Magen jedoch leer und weil Galle kotzen nun wirklich kein Vergnügen ist, ich aber immer noch nicht wusste, was mir fehlte, schickte ich Theo zum Supermarkt Milchbrötchen und Fingerbiskuits kaufen. Dann machte ich mir eine Kanne Pfefferminztee und blieb erst mal im Bett.

Nun hasse ich jedoch nichts so sehr, als untätig im Bett zu liegen! Ich grübelte, was ich mir denn da bloß eingefangen haben könnte! Morgens gegen 3.00 Uhr war ich nämlich noch auf gewesen, um Øsel kurz mal in den Garten zu lassen. Da war noch alle OK gewesen. Keine Übelkeit und auch keinen Schwindel. Wenn ich aber wirklich etwas Falsches gegessen hatte, dann hätte sich dies auch bestimmt schon gegen die Zeit bemerkbar gemacht. Außerdem passte es nicht, dass es Theo gut ging, wo wir doch beide das Gleiche gegessen hatten — zumal normalerweise auch er derjenige mit dem gefühligen Magen ist.  Mein Magen würde auch Rheinkiesel oder Wüstengras verdauen! Theo erklärte, ich hätte bestimmt eine Grippe! Bei ihm ist immer alles eine Grippe! Abgesehen davon, dass er Erkältung mit Grippe verwechselt — selbst schwarzen Hautausschlag, Zahnschmerzen oder massives Bluten aus sämtlichen Körperöffnungen würde er immer noch als (harmlose) Grippe abtun!

pc nurseSchließlich raffte ich mich auf und setzte mich an den PC. Dort gab ich die Symptome ein: Übelkeit und Schwindel. So stieß ich auf ein Symptom, dass sich Lagerungsschwindel nennt und dass genau meine Wahrnehmung beschrieb. Denn solange ich herumlief hielt sich der Schwindel tatsächlich in Grenzen, aber wehe ich legte mich hin und drehte mich dann vom Rücken auf die Seite oder zurück! Irgendwo stand in diesem Zusammenhang dann auch etwas über ein sogenanntes Befreiungsmanöver. Ich googelte den Begriff und stieß auf eine Webseite, wo das »Befreiungsmanöver nach Semont, bei benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPPV)« erklärt wurde, inkl. Abbildungen.

Hierbei setzt man sich auf die Mitte der Bettkante, dreht den Kopf um 45 Grad zu einer Seite, so dass Kinn und Schulter eine Linie bilden und lässt sich dann mit so viel Schwung wie möglich zur anderen Seite kippen — ohne dabei den Kopf zu bewegen. So bleibt man dann ca. 1 Minute auf dem Bett liegen. Bei richtiger Ausführung zeigt die Nasenspitze dabei zur Decke. Dann richtet man sich wieder auf. Wichtig dabei ist jedoch immer, dass man niemals den Kopf bewegt. Dann kippt man sich mit Schwung in die andere Richtung auf das Bett. Diesmal zeigt die Nasenspitze nach unten und deshalb wäre es gut, wenn dort ein Kissen oder Plumeau liegen würde. Nach einer Minute richtet man sich erneut wieder auf und wiederholt den gesamten Vorgang noch zwei weitere Male. Zugegeben, dabei wird es einem ganz schön schummerig, abgesehen davon, dass man für den nichtsahnenden Betrachter den Eindruck erweckt ganz schön neben der Rolle zu sein. Øsel, der sich eigentlich schon auf einen gemütlichen Tag im Bett gefreut hatte, fand jedenfalls, dass das was ich da machte ganz schön ga-ga aussah! Aber schon kurz darauf ging es mir tatsächlich wieder wesentlich besser! Diese »Therapie« soll man während der nächsten drei Tage dreimal täglich wiederholen. Bei mir war der Lagerungsschwindel jedoch schon am nächsten Tag komplett verschwunden.

Natürlich wollte ich auch wissen, wie so ein Lagerungsschwindel überhaupt entsteht oder wodurch er verursacht wird, denn dies war trotz allem eine sehr, sehr unangenehme Erfahrung. Ich fand dann auch mehrere Webseiten die sich mit den Ursachen beschäftigten und war zuerst einmal beruhigt, als ich überall las, dass es sich dabei um eine harmlose Form von Schwindel handelt. Die Ursache für einen Lagerungsschwindel ist die Ablösung von Calciumcarbonat-Kristallen, welche sich bei gesunden Menschen im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs finden lassen. Die Ursache für deren Ablösung ist jedoch nicht geklärt.

Bei diesem »Befreiungsmanöver« nun, wobei man sich mit raschen Schwung zur Seite wirft, werden diese abgelösten Kristallteilchen zum Ausgang des posterioren Bogenganges (das ist so ein Teil im Ohr) befördert. Fazit: keine Kristalle im Kopf, zumindest nicht da, wo sie nicht hingehören, kein Schwindel und auch keine Übelkeit mehr! Ein Hoch auf das Internet!

Der folgende Link führt zur Uniklinik München und erklärt anhand von Zeichnungen, wie dieses »Befreiungsmanöver« genau funktioniert: LINK

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