Respekt

Es ist schon das 4. Mal, dass ich dieses Thema behandele. Irgendwie war ich selbst darüber überrascht, dass mich dieses Thema doch immer wieder an triggert. Diesmal war der Trigger-Punkt der Streik der Kindergärtner/innen. Auch zum Thema Streik habe ich ja schon einmal gebloggt, aber meine Meinung dazu lässt sich sehr gut kurz in einem einzigen Satz zusammenfassen: Die Italiener haben die Mafia, wir Deutschen haben Verdi. Auch meine Meinung in Bezug auf Respekt lässt sich wundervoll in nur einem Satz konkretisieren: Respekt ist etwas, dass man sich verdienen muss, man bekommt es nicht automatisch mit einer Uniform, einem Titel oder einem fetten Bankkonto verliehen.

Früher musste man dem Lehrer Respekt zollen und ihn verpflichtet grüßen, wenn man ihn auf der Straße sah. Die Männer lüfteten ihren Hut, Jungs machten einen Diener, Frauen und Mädchen einen Knicks. Dasselbe galt natürlich für den Pastor. Egal ob dieser Lehrer die Kinder mit dem Stock schlug oder der Pastor auf kleine Jungs stand. Wobei letzteres früher eh unter den Tisch gekehrt wurde, auch aus falschem Respekt heraus. Fakt ist aber, dass man den Menschen nicht in den Kopf gucken kann und gerade was den Herrn Pastor angeht, so wäre ich, so denn ich Kinder hätte, extrem vorsichtig. Zum Glück habe ich aber keine Kinder, also sind dies ungelegte Eier. Aber abgesehen davon, dass ich meine Kinder vom Religionsunterricht eh hätte befreien lassen, so hätte ich meine Kinder wohl niemals alleine in die Obhut eines Priesters gegeben, wenn nicht gleichzeitig auch eine weitere, weibliche Aufsichtsperson die ganze Zeit über präsent gewesen wäre. Und das hat nichts mit mangelndem Respekt zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand. Man kann den Leuten eben nicht in den Kopf schauen.

Was die Lehrer angeht, so fällt mir dazu eine Begegnung ein, die ich vor einer Weile mit einer Grundschullehrerin hatte. Die junge Frau hatte gut und gerne 50 Kilo zu viel! Adipositas in diesem Ausmaß ist immer krankhaft und geht mit psychischer Labilität einher. Ganz abgesehen davon, dass ein Lehrer oder eine Lehrerin, gerade bei Kindern im Grundschulalter, auch eine sehr prägende Rolle einnehmen kann. Entsprechend sollten sie als Vorbild fungieren. Fünfzig Kilo Übergewicht sind meines Erachtens jedoch kein adäquates Vorbild für Kinder in einem Alter wo sie sich noch leicht beeinflussen lassen. Und so denke ich, dass ich für meine Kinder wohl eher eine andere Schule gesucht hätte, als sie von dieser Frau unterrichten zu lassen. Trotzdem wäre ich dieser Frau gegenüber nie unhöflich oder respektlos gewesen, obwohl sie die Tatsache, dass ich meine Kinder auf Grund ihrer Fettleibigkeit in eine andere Schule geschickt hätte, wohl eher als Taktlosigkeit und Respektlosigkeit interpretiert hätte. Aber das sind zum Glück ja alles nur ungelegte Eier.

Worauf ich aber hinaus will: Respekt muss man sich verdienen und dafür muss man etwas tun. Wenn ich bspw. eine berufliche Vorbildposition einnehme, muss ich dieser auch in jeder Hinsicht gerecht werden. Das gilt im Übrigen nicht nur für Lehrer oder Kindergärtner oder Pädagogen. Von einem Chirurgen dem die Hände zittern und der nach Alkohol riecht, würde ich mich auch nicht operieren lassen. Und wie ich den Nachrichten entnehmen konnte, geht es ja auch den Kindergärtnern (gibt es wirklich noch männliches Kindergartenpersonal-?) und Kindergärtnerinnen nicht bloß um eine gehörige Gehaltserhöhung, sondern auch darum, mehr Respekt zu erfahren. Was glauben diese Leute denn-? — dass eine Aufwertung ihres Gehalts auch automatisch eine gesellschaftliche Aufwertung und damit mehr Respekt mit sich bringt? In welcher Form soll sich dieser Respekt denn überhaupt äußern? Wo oder wobei fühlen diese Leute sich denn ausgegrenzt, denn anders würde sich bei ihnen auch nicht das Gefühl einschleichen nicht genug Respekt zu erfahren. Mal über diese Punkte reden, statt immer nur über mehr Geld zu debattieren würde vielleicht auch helfen?! Persönlich glaube ich ja viel eher, dass nach diesem Endlosstreik der letzten Wochen diesen Leuten erst einmal niemand mehr Respekt zollen wird — vor allen Dingen nicht die Eltern von Kleinkindern.

Angemessene Freundlichkeit und Höflichkeit sollte jedoch jeder erfahren, unabhängig von Beruf, Kleidung, Body-Maß-Index, Hautfarbe oder irgendwelchen Statussymbolen. Respekt hat aber auch etwas mit Authentizität zu tun. Die Ernährungsberaterin und Diätistin, die selbst viel zu dick ist, ist meiner Meinung nach nicht authentisch. Und eine irgendwie immer gestresst wirkende Kindergärtnerin ist genauso wenig authentisch, wie ein Anlageberater der in Discounterklamotten und einer Schrottkarre daher kommt. Das mögen alles nette Leute sein, aber ob sie je den beruflichen Respekt erfahren, ist wohl eher fraglich.

Das beste Beispiel war wohl unser ehemaliger Bundespräsident, der jetzt um Rehabilitierung kämpft. Dazu sei gesagt: So wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Dieser Mann war arrogant und überheblich. So jemandem noch dazu übergebührenden Respekt entgegenzubringen ist Idiotie. Genauso ergeht es mir aber mit der Queen von England. Mag sein, dass man dafür Brite sein muss oder zumindest aus einem Land stammen muss, dass ebenfalls noch der Monarchie frönt, um diesem Zirkus etwas abzugewinnen. Ich jedenfalls fand den Auftritt der Queen, bei ihrem Deutschlandbesuch vor ein paar Tagen, einfach nur lächerlich. Mit Krone auf dem Kopf, im weißen, langen, brokatbesticktem Kleid und über und über mit Schmuck behangen erschien sie mir eher wie eine langweilige Kopie von Lady Ga-Ga. Zugegeben, das ist vielleicht respektlos. Würde ich dieser Frau jemals begegnen (und auch das sind wieder Eier die wohl nie gelegt werden, die Queen kann also aufatmen), so wäre ich so freundlich und höflich, wie zu jedem anderen Mensch auch. Nie im Leben würde es mir jedoch einfallen, vor ihr einen Knicks zu machen oder sie verpflichtet mit „Eure Majestät“ anzusprechen. Das gilt im Übrigen aber auch für alle anderen Promis. Was das angeht bin ich pragmatisch. Was jemand darstellt oder welchen Titel er auch bekleiden mag, ändern nichts an meiner Art ihm gegenüber zu treten. Mir ist es allerdings schon passiert, dass sich ein Promi mal ans Bein gepisst fühlte, weil ich nicht hysterisch reagierte und ihn wie einen ganz normalen Kunden behandelte.

Die einzigen Leute, die meines Erachtens zurzeit überhaupt keinen Respekt verdienen, sind die Griechen. Alle anderen EU-Staaten, die in den letzten Jahren in eine ähnliche Situation kamen, haben danach die Arschbacken zusammengekniffen. Nur die Mehrheit der Griechen glaubt scheinbar immer noch,  dass sie dies nicht nötig hätten. Wenig Verständnis habe ich in dem Zusammenhang aber auch für deutsche Griechenlandurlauber. Für viele Griechen sind nämlich gerade wir Deutschen der Buhmann und in einem Land, in dem ich mit Vorurteilen rechnen muss, also ergo auch keinen Respekt von der Bevölkerung erwarten kann, habe ich nichts zu suchen.

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