Ich war auf der Beauty Messe und ergehe mich diesmal in Klischees!

Zugegeben, normalerweise meide ich Massenveranstaltungen. Selbst ein Einkaufsbummel an einem Samstag in der Großstadt käme mir nicht in den Sinn. Ab und zu muss man jedoch Ausnahmen machen, um nicht sonderlich zu werden.

eyes 4 blog 15Also war ich am vergangenen Freitag mit einer Freundin auf der Beauty Messe in Düsseldorf. Punkt 7.00 Uhr morgens war Abfahrt bei mir zu Hause und obwohl ich Pünktlichkeit überaus schätze, mag ich Überpünktlichkeit genauso wenig wie Unpünktlichkeit. Punkt zehn vor sieben stand meine Freundin geschniegelt und gestriegelt vor meiner Haustür! Für ihre Engelslocken kann meine Freundin ja nichts – die sind angeboren. Aber genauso wie ich Menschen bewundere, die für mehr als zwei Personen kochen, alles auch noch warm serviert bekommen (ohne das etwas angebrannt ist) und trotzdem auch noch Zeit finden sich mit ihren Gästen zu unterhalten (also mehr Zeit am Tisch, als in der Küche verbringen) bewundere ich Menschen, die in der Lage sind, sich selbst einen perfekten Lidstrich mit dem Eyeliner zu ziehen. (Anmerkung: Dieser letzte Satz ist extrem lang — aber man verliert trotzdem nicht den Faden – oder?)

eyes 4 blog 15-1»Och, den hab‘ ich mir schnell im Auto an der Ampel gezogen«, erklärt meine Freundin süffisant auf meinen staunenden Blick hin. Auch ihr restliches Make-up ist natürlich (wie immer) makellos. Ich bin (wie immer) ungeschminkt. Zwar erkenne ich durchaus ein gutes Make-up — immerhin habe ich jahrelang unseren Visagisten zugeschaut, als mein Lebensgefährte und ich noch in der Klamottenbrache tätig waren, aber ich selbst habe dafür zwei linke Hände. Daran hat auch der Schminkkurs bei Mac nichts geändert, den mir meine Freundin zum Geburtstag schenkte. Außerdem bin ich irgendwie auch nicht der Typ, der morgens um 7.00 Uhr schon Wimperntusche und Lippenstift braucht. Was ich morgens brauche ist kein Make-up sondern KAFFEE und zwar mehr wie einen!!

Dann ging‘s los, Richtung Düsseldorf. Allerdings auf Umwegen, denn mein Coffee-to-go, den ich von zu Hause mitgenommen hatte, reichte natürlich nicht bis Düsseldorf und man kann ja über McDonald‘s sagen was man will, aber der Kaffee dort ist nun mal nicht schlecht!  Meine Freundin hat sogar eine McDonald’s App auf dem Handy.

vw-beetleWas die Messe selbst anging, so fanden wir die ganz ohne App und auch die Messeschilder hätte man sich so gesehen sparen können. Die letzten Kilometer brauchten wir nämlich nur noch den Autos mit Aufschriften wie „Uschi Nail“, „Babsi‘s Beauty Boutique“ oder „Susi’s Nagelstudio“ zu folgen.

Das mag nun sicherlich ein Klischee sein, aber Klischees gab‘s schon immer, selbst bei den Neandertalern. Und Klischees sind wirklich langlebig. Zum Beispiel: je größer und kräftiger ein Kerl desto beschützter fühlen sich Frauen bei ihm und das gilt auch heute noch. (Aber was wenn ein kleiner, mickriger Kerl mit Knarre kommt?) Aber dieses Klischee geht auch noch auf die Steinzeit zurück, als die Kerle, wenn sie nicht gerade auf der Mammut-Jagd waren, ihre Frauen mit dem Holzknüppel verteidigten, damit andere Kerle aus fremden Sippen sie ihnen nicht raubten. Ein paar Millionen Jahre später, so um 1980 bis 1990, entwickelte sich folgendes Klischee: alle Frisösen heißen Uschi oder Gabi, sind blond-toupiert und fahren alte Mantas. Natürlich hängt dieses Klischee auch mit dem Film (Manta-Manta) zusammen, obwohl ich den nie gesehen habe. Aber ich weiß, dass der Film ein Erfolg war und wahrscheinlich hing dieser damit zusammen, dass er eine Realität widerspiegelte.

Heute jedenfalls könnte man den Eindruck gewinnen, als wären Namen wie Uschi, Gabi, Babsi oder Susi den Nageldesignerinnen vorbehalten. Die Endung auf >i< bei der Namenswahl scheint jedenfalls eine Grundvoraussetzung bei der Geschäftsgründung! Außerdem fahren sie auffallend oft knobelbecherartige Kleinautos in quietschigen Farben. Und weil Klischees ab und zu mal richtig gut tun — hier kommt noch eines: Ich habe keine Ahnung, wie gut die Frisörinnen oder Friseusen in ihren Mantas Autofahren oder Einparken konnten, Nageldesignerinnen haben damit trotz ihrer meist nur Fingerhutgroßen Autos massive Probleme und die Parkwächter auf dem Messegelände taten mir schon ein wenig leid. Was ist so schwer daran, vorwärts in eine Parkgasse zu fahren und sein Auto mit ca. 1 Meter Abstand zum Vordermann abzustellen?  Mensch – das schafft selbst ein Holländer und der hat in der Regel noch einen Wohnwagen im Schlepptau!! Nun denn.

blonde 4 blog 15Auf dem Weg zum Terminal, wo die fast ausschließlich weiblichen Messebesucherinnen dann per Bus weiterverfrachtet wurden, fielen dem Betrachter zwei Dinge gleich auf: Die durchschnittliche Nageldesignerin ist so um die 30 Jahre und die wirklich professionellen unter ihnen erkannte man sogleich an den mitgebrachten großen Roll-Koffern und den Turnschuhen an den Füssen! Auch meine Freundin hatte einen Trolley mit Rollen dabei und trug Convers. Zwar arbeitet sie nur noch sporadisch als Nagel-Designerin, weil sie auch ein Händchen fürs Dekorieren hat und sich schon vor längerem beruflich umorientierte, aber als mehrfache Deutsche- und sogar Weltmeisterin im Nageldesign will sie den Job auch nicht ganz an den „Nagel“ hängen.

Während wir dann auf den Bus warteten, fiel mir noch etwas auf: Viel zu enge Hipster-Jeans garniert mit Speckröllchen sind auch auf einer Messe mit dem schönen Namen „Beauty“ absolut keine Seltenheit. Genauso wenig, wie rausgewachsene Gel-Nägel! Der absolute Albtraum waren für mich jedoch die Frauen meines Alters, die sich trotz 20 Kilo Übergewicht (oder mehr) noch in Stretch-Hosen bevorzugt im Leopardendruck quetschen und über ein viel zu (Solarium)gebräuntes Gesicht auch noch eine dicke Schicht Make-up trugen und grellroten Lippenstift! Anscheinend glaubten diese Fregatten auch ein runzeliges Dekolleté mit Sparschweinschlitz und zweifarbig gefärbte Haare mit asymmetrischer Frisur ließen Männerherzen höher schlagen. -Wenn dann nur aus der Panik heraus und hätte es farbiges Make-up und Haarfärbemittel schon in der Steinzeit gegeben, hätten wesentlich weniger Männchen ihre Weibchen damals vor räuberischen Überfällen geiler Artgenossen schützen müssen!

Fast wäre ich vom herannahenden Bus überfahren worden, weil ich gebannt auf eine solche alte Schabrake starrte, der in ihren hochhakigen Pumps augenscheinlich jetzt schon die Füße wehtaten! (Woran liegt es eigentlich, dass Unsinn wie: „hohe Schuhe machen schlank“ und „Querstreifen machen dick“ sich immer noch so hartnäckig behaupten?!) Jedenfalls war ich bei meinen Beobachtungen zu nah an die Bordsteinkante herangetreten. Zum Glück trage ich keine Push-up-BH’s, denn ansonsten hätte der Bus mich wahrscheinlich tatsächlich erwischt. Aber es ist schon skurril und faszinierend zugleich, was einige meiner Artgenossinnen unter „Beauty“ verstehen. Für mich hat Schönheit vor allen Dingen mit Ästhetik zu tun und dafür muss Frau auch wirklich keine Traumfigur haben.

nail polishNatürlich ist die „Beauty“ auch keine Messe auf der ausschließlich Hersteller von Nageldesign-Produkten vertreten sind. Dennoch machen sie, zusammen mit Herstellern von Kosmetikartikeln, im Sinne von „Schminke“, den Löwenanteil aus. Entsprechen voll waren auch die beiden Hallen in denen diese Produkte angeboten wurden. Dort konnte ich auch nirgends eine Herrentoilette entdecken — wohl immer zwei Eingänge zu den Damentoiletten nebeneinander und ich bin mir sicher, dass da manipuliert wurde!

Ich habe schon seit 1984 Gel-Nägel. Damals eröffnete ein Nagelstudio ungefähr zur selben Zeit ganz in der Nähe meiner ersten Boutique. Damals hatte ich noch sehr lange Nägel und ärgerte mich immer darüber, wenn mal einer abbrach. (Das ist übrigens auch so ein Klischee aus den 80zigern: Damals galten Boutique-Besitzerinnen als hochnäsig, overdressed und man erkannte sie unschwer an ihren viel zu langen (Kunst)Nägeln und den viel zu dicken Schulterpolstern. Außerdem fuhren sie alle Cabrios. Wie wahr, wie wahr.) Jedenfalls wenn mir damals ein Nagel abbrach, mussten auch die anderen ab, denn ich wäre niemals nur mit 9 langen Nägeln herumgelaufen. Zum Glück habe ich jedoch sehr gute Nägel und für gewöhnlich riss höchstens mal ein Nagel ein. Diesen flickte ich dann mit Servietten-Papier, welches ich vorher in Sekundenkleber tauchte. War das Papier dann erst einmal auf dem Nagelriss getrocknet, ließ es sich sogar bei feilen und wieder lackiert fiel die selbstgebastelte Nagelmodellage noch nicht einmal mehr auf! Trotzdem war der Tag an dem dieses Nagelstudio damals in meiner Nähe eröffnete für mich eine Befreiung! (Ähnlich muss für die Frauen in den 50zigern die Entwicklung des Tampons gewesen sein.) Nie wieder Angst, dass ein Nagel abbricht und wenn dann ließ sich dieser mit einem Nagel-Tip sogleich wieder auf Länge bringen!

Problematisch wurde es erst, als ich vier Jahre später nach Spanien zog. Denn dort gab es noch kein Nagelstudio — jedenfalls nicht an der Costa Brava. Also kaufte ich mir mein eigenes Gel-Set nebst Lampe zum Trocknen und machte einen Schnellkurs in Nagelmodellage. So konnte ich künftig meine eigenen Nägel beziehen und so mache Touristin, die in den darauffolgenden Jahren in eines meiner Geschäfte kam und deren Urlaubsstimmung auf dem Nullpunkt war, weil sie sich einen Nagel abgebrochen hatte, erklärte aus tiefster Seele ich sein ein Engel und mich hätte der Himmel geschickt, nachdem ich ihr schnell einen Nagel-Tip verpasst hatte! Selbst die mit Acrylnägeln! Aber wir Nagel-Tussis halten nun mal zusammen!

Auf der „Beauty“ war die Produktpalette jedenfalls schier unermesslich. Kein Vergleich zu 1984 wo sich die Hersteller von Nagelgel-Produkten noch an einer Hand abzählen ließen. Entsprechend staunte ich auch nicht schlecht, als ich sah, dass zum Beispiel die Lampen die man fürs Trocknen des Gels benötigt dort teilweise für unter 50 Euro angeboten wurden. Ich selbst habe für meine Lampe damals 1000 DM bezahlt. Die Lampe habe ich immer noch, zwar ist sie mittlerweile nicht mehr weiß mit schwarzen Tupfen sondern gelb-schwarz, aber ansonsten funktioniert sie noch tadellos — allerdings brauchte sie nun wirklich mal neue Röhren.

lotionWährend meine Freundin dann all die Dinge auf ihrer Einkaufsliste zusammensuchte, stellte ich mich in der Regel schon mal an den teilweise sehr langen Schlangen an den Kassen der einzelnen Austeller an. Aber wozu sind Freunde schließlich da? (Im Gegensatz zu vielen anderen Messen, wo die Anbieter ihre Produkte nur vorführen ist die „Beauty“ vor allen Dingen eine Messe, wo gleich ab verkauft wird.) Oder ich steckte meine Nase ganz tief in Töpfe mit Bodylotions mit so köstlichen Namen wie „Cookie Choc-Chip“, „Cool Mojito“ oder „Mango-Coco-Dream-Creme“. Die Namen dieser Cremes erinnerten mich auch nicht bloß an das Eis von „Bens & Jerry“ — sie rochen auch so und sahen auch so aus. Selbst die Variante mit den Choc-Chips.

Zum Schluss liefen wir noch schnell durch die Hallen in denen die Aussteller für Fußpflege-Produkte, Permanent-Make-ups oder Massagegeräte standen. Was für eine Ruhe im Vergleich zu den beiden Hallen mit Nageldesign und Kosmetik! Natürlich waren auch hier Messebesucher unterwegs, aber wesentlich weniger — und oh Wunder, ich entdecke sogar einige Männer!

Was mich an der Messe störte war, dass es nirgends Sitzgelegenheiten gab, obwohl genügend Platz vorhanden gewesen wäre. Natürlich gab es vereinzelt ein Messe-Café, aber auch dort gab es zu wenige Sitzgelegenheiten. Außerdem empfand ich es schon fast als Nötigung, dass ich dort außer Cup-Cakes nichts anderes für den kleinen Hunger bekommen konnte. Dann esse ich lieber nichts! Bei Beauty geht es doch ums gute Aussehen, für mich ist gutes Aussehen aber auch untrennbar mit gesunder Ernährung verbunden — was nicht heißen will, dass ich nicht auch Schokolade esse. Aber dort hätte ich lieber ein Vollkornbrötchen gehabt. Doch wieso soll die „Beauty“ dies besser geregelt haben, als die „Fibo“? Zur „Fibo“ begleite ich immer meinen Lebensgefährten und selbst auf einer Messe rund um den Sport bekommt man im Messe-Café noch nicht einmal ein Brötchen ohne Butter!

Eine Sache beschäftigt mich noch: Wenn Namen wie Uschi, Babsi und Susi heute von den Nageldesignerinnen belegt werden, wie heißen denn heute die Frisörinnen? (Mein Frisör ist nämlich männlich und heißt Ingo – und nein, er ist nicht schwul!) Aber die Frisöse gibt es ja nicht mehr. Heute sind das Haarstylistinnen oder zumindest Friseusen und heißen wohl Ursula, Barbara und Susanne.

Die Modefarben für Nagellacke im Sommer 2014 sind jedenfalls quietschgelb und giftgrün.

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