Leseprobe: Bunny und die letzte Osterhäsin

egg-1Ein Ostermärchen

Die Oma holte gerade die nächste Portion Kakaobutter aus dem Kühlschrank, gab sie in einen sauberen Topf und setzte diesen ebenfalls auf den Herd. Dabei warf sie einen prüfenden Blick in Bunnys Topf und nickte. Ich glaube es ist fertig, sagte sie. Bunny atmete hörbar auf. Von dem vielen Rühren hatte sie nicht nur Schweißausbrüche bekommen, sondern sicherlich auch Blasen an den Händen. Bunny nahm nun ihren Topf vom Herd und stellte ihn hinter sich auf den riesigen Küchentisch. Dabei warf sie auch einen verstohlenen Blick auf ihre Handinnenflächen. Die Hände waren gerötet, aber es waren keine Blasen zu sehen — noch nicht! Aber das wollte nichts heißen, denn immerhin waren sie ja auch noch nicht fertig. Stell‘ dich nicht so an Bunny, sagte die Oma, ein paar Blasen tun deiner Schönheit keinen Abbruch. Für einen Moment hatte Bunny doch glatt vergessen, dass die Oma auch Augen am Hinterkopf hatte. Bunny füllte nun schnell die Schokoladenmasse aus dem Topf in eine Glasschüssel. Dabei kratze sie den Topf mit dem Löffel so sauber, dass man ihn kaum noch hätte spülen müssen. Früher hatte Bunny die Töpfe immer ausgeleckt, doch jetzt wollte sie das nicht mehr! Wie immer erriet die Oma Bunnys Gedanken. Wirkliche Schönheit kommt von innen mein Schatz, sagte die Oma. Du solltest dich nicht um den Genuss bringen wenigstens diesen Topf auszulecken, immerhin ist es doch auch deine Lieblingsrezeptur! Bunny antwortete wieder nicht und nahm stattdessen die Schüssel mit der Schokoladenmasse und brachte sie zum Abkühlen hinaus in den Garten. Dort stellte sie sie zu den anderen Schüsseln auf die Holzbank vor der Gartenlaube: Vollmilch, Vollmilch-Nuss und Zartbitter standen schon dort. Bunny stellte nun die Schüssel mit Zartbitter-Nuss dazu. Fehlte noch die „Kinderschokolade“ und „Omas Geheimrezept“.

In der Laube raschelte es. Bunny sah, dass die Schüssel mit Vollmilch mittlerweile abgekühlt war. Ich glaube es ist Zeit, dass wir mit der Fütterung beginnen, hörte sie die Stimme der Oma ganz leise und doch ganz dicht an ihrem Ohr. Bunny schaffte es, nicht zusammenzuzucken. Stattdessen nickte sie und öffnete die Tür zur Laube. Drinnen roch es nach getrocknetem Stroh und Hasen-Kot. Helevita war wach und warf ihnen einen erwartungsvollen Blick zu. Sie spürt, dass es so weit ist, flüsterte die Oma wieder direkt in Bunnys Ohr und diesmal zuckte Bunny doch ein wenig zusammen. Helevita hat schon seit drei Tagen nichts mehr gefressen und nur noch Sahne getrunken, erklärte die Oma. Die Oma kicherte wie ein junges Mädchen. Dann raffte sie mit einer Hand ihren langen Rock und zog aus dem Messer-Schaft, den sie am Fußknöchelt trug, ihren Dolch. Damit zerteilte sie die abgekühlte und hartgewordene Vollmilch-Schokoladen-Masse in grobe Brocken und stellte die Schüssel vor Helevitas Vorderpfoten. Helevita schaute die Oma aus ihren dunklen Knopfaugen an. Nun friss schön meine Liebe, sagte die Oma und strich Helevita dabei über den Kopf und die langen Schlappohren.

Als Bunny eine Stunde später mit der Schüssel „Kinderschokolade“ wieder in den Garten kam, hörte sie aus der Laube ein lautes Furzen. Anscheinend hatte Helevita schon mit der Produktion begonnen. Bunny stellte die Schüssel ab und eilte ins Haus, um der Oma Bescheid zu sagen. Gemeinsam kehrten sie daraufhin zur Laube zurück und öffneten vorsichtig und ganz leise die Tür. Es war nämlich besonders wichtig, dass die Osterhäsin bei der Eiablage nicht gestört wurde. Osterhäsinnen waren nämlich während der Zeit der Eiablage enorm stressanfällig und Stress schlug ihnen immer sofort auf den Magen! Nicht auszudenken, wenn Helevita sich erschrak und Durchfall bekäme! Aber Helevita schien es gut zu gehen. Sie hatte alle Schokoladenbrocken aufgefressen. Nun lag sie auf ihrem Bett aus Stroh auf der Seite, rülpste und furzte, während aus ihrem Hinterteil in einem fort kleine Kügelchen rollten.

Oh je, flüsterte die Oma. Die Eier sehen aus wie Schokokugeln, ganz rund. Ein Ei muss doch oval sein! In der Stimme der Oma klang ein leichter Vorwurf mit und Bunny hatte plötzlich Mitleid mit Helevita. Runde Ostereier waren immer ein Zeichen dafür, dass die Osterhäsin in die Jahre kam! Nur junge Osterhäsinnen legten perfekt oval geformte Eier. Außerdem waren die Eier von jungen Legehäsinnen auch wesentlich größer — fast so groß wie Hühnereier. Helevitas Eier hingegen waren nur so groß wie Kirschtomaten und hatten auch dieselbe Form.

Die Oma zog die Tür zur Laube vorsichtig wieder zu. Was soll‘s, sagte sie dann. Immerhin ist Helevita die Letzte ihrer Art und runde Eier sind besser als gar keine! Bunny zögerte einen Augenblick, doch dann nickte sie. Sie fasste sich ein Herz und fragte die Oma, was ihr schon länger auf der Zunge brannte. Oma, sagte Bunny vorsichtig, glaubst du wirklich, dass sich noch jemand melden wird? Die Oma warf einen Blick in den Himmel, so als wüsste der die Antwort. In Wahrheit sucht sie wohl den Himmel nach Meave ab, dachte Bunny. Meave war die einzige Taube die bislang noch nicht zurückgekehrt war. Alle anderen saßen schon seit Tagen wieder in ihrem Verschlag. Nur leider hatte keine von ihnen die erhoffte Nachricht gebracht. Bunny verstand auch nicht, warum die Oma so strikt dagegen war, dass Bunny eine entsprechende Suchanzeige ins Internet stellte. Bunny führte es jedoch darauf zurück, dass die Oma diesen, wie sie es nannte „Neumodischen Kram“ als Teufelszeug abtat. Als wenn die Oma vor dem Satansbraten jemals Angst gehabt hätte — ausgerechnet ihre Oma! Bunny grinste. Alleine schon die Vorstellung war absurd!

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Bildmaterial:
Titelfoto: Copyright by Kristine Weitzels
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