Schafskälte!

Letzte Woche, ich glaube es war am Montag oder Dienstag, sah ich wie zufällig den Wetterbericht im Fernsehen — allerdings ohne Ton. Dazu sei gesagt, dass ich prinzipiell alles was ich mir im Fernsehen ansehen möchte zuerst aufzeichne. Erstens kann ich so die Werbepausen umgehen und zweitens schlafe ich sehr oft beim fernsehen ein und brauche meist mehrere Anläufe, um einen Spielfilm bis zum Ende anzusehen. Bevor ich aber etwas aufzeichne, schalte ich den Fernseher dafür immer auf stumm, weil mich die teilweise sehr aggressive oder ordinäre TV-Werbung stört, die sonst eventuell im Hintergrund zu hören ist. Dadurch steht der Fernseher jedoch meistens noch auf stumm, wenn ich ihn später wieder einschalte — so auch letzte Woche.

(Ab und zu kann es allerdings auch sehr informativ sein sich Personen die im Fernsehen etwas vortragen ohne den dazugehörigen Ton anzuhören, ich tue dies z.B. sehr gerne bei Politikern. Man achtet dadurch nämlich viel mehr auf deren Körpersprache. Ich tue dies, seit ich einmal den Ausschnitt einer Propagandarede von Hitler im Fernsehen sah, natürlich ebenfalls ohne Ton. Was übrig blieb war das extrem aggressive Gebaren eines grotesken, kleinen Mannes.)

cloudIm Falle des Wettermannes blieb, ohne Ton, das hilflose Gebaren eines verzweifelt wirkenden großen Mannes übrig. Er hob immer wieder die Arme —nur um sie gleich darauf wieder resigniert sinken zu lassen und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass es ihn enorme Überwindung kostete, die Hände nicht wie zum Gebet zu falten. Auch sein aufmunterndes Lächeln wirkte dabei eher wie das eines Mannes, der nicht zugeben will, dass ihn seine Zahnschmerzen fast um den Verstand bringen.

Neugierig geworden, schaltete ich den Ton dazu. Der Mann sprach gerade von Inversion, Kaltluftstau, vielen Cumulus-Wolken und dann von Schafskälte. Das passt ja, dachte ich so bei mir. Denn Cumulus-Wolken sind nichts anderes als Schäfchenwolken. Vor meinem inneren Auge sah ich dabei Tausende von frisch geschorenen Schäfchen am Firmament, wie sie laut blökend vor der eisigen Kälte flohen! Meine äußeren Augen fanden indes geübten Blickes den linken, mittleren Rand der Wetterkarte neben dem nun immerhin händeringenden Wettermann. (Für alle die früher den Geografie Unterricht verpennt haben: der linke, mittlere Rand — das ist da, wo der Niederrhein liegt. Genauer gesagt, ist es die Nase durch die sich eine lange, aus Südwesten kommende Furche zieht. Die Furche ist der Rhein.)

Zugegeben, die Wetterkarte sah an diesem Abend insgesamt eher durchwachsen aus, aber für die Region um den Niederrhein zeigte sie wie so oft dicke, fette, teilweise graue Wolken aus denen hie und da Regen viel. Dazu eine Temperatur von maximal 16 Grad, mit Windstärke drei. Mittlerweile wohne ich jedoch lange genug hier — wenn auch nicht ganz freiwillig — um zu wissen, dass ich ab Windstärke drei einfach noch mal zwei bis drei Grad von der Temperatur des Wetterberichtes abziehen kann, damit es der Realität entspricht.

Der Wettermann ging derweilen näher auf den Begriff „Schafskälte“ ein und erklärte, dass dies eine meteorologische Erscheinung sei, die zwischen dem 04. und 20. Juni in Mitteleuropa oft für einen Kälteeinbruch sorge, der sich vor allem in Deutschland bemerkbar mache.

»Ich korrigiere«, sagte ich in Gedanken, während ich wieder die Wetterkarte betrachtete auf der es nirgends so Sch…. aussah, wie in der Region um den Niederrhein. »… vor allem macht sich die Schaftkälte am Niederrhein bemerkbar.«

SchafskälteUnterdessen redete der Wettermann munter weiter, sichtlich erleichtert, dass er für das miserable Sommerwetter nun doch noch einen Buh-Mann gefunden hatte.

»…die Schafskälte tritt nicht jedes Jahr auf«, sagte er.

»Wieder falsch«, korrigierte ich ihn sogleich gedanklich. »Am Niederrhein tritt sie prinzipiell jedes Jahr auf und dass auch nicht nur während dem 04. Und 20. Juni, sondern ganzjährig!«

Der Typ auf dem Bildschirm ließ sich durch meine Gedanken jedoch nicht irritieren.

»… den Namen trägt diese Wetterlage nach den Schafen, die traditionell bis dahin bereits geschoren wurden und für die der Kälteeinbruch dann durchaus bedrohlich werden kann…«, redete er weiter. Vor meinem inneren Auge starben gerade unzählige Lämmer an ihren Erfrierungen. Der Atemzug mit dem sie ihren letzten kläglichen Schrei ausstießen gefror dabei im Fell um ihre Münder.

umbrellaAm nächsten Tag trug ich beim Spaziergang mit Øsel wiedermal meine Winterjacke und die Fleecemütze! Es waren genau 13 Grad, dazu fiel leichter Regen. »Dreizehn Grad und Regen«, dachte ich, »genau das gleiche Wetter hatten wir auch an Weihnachten!«

Es gibt einen äußerst dummen Witz, über den wohl auch nur gebürtige Niederrheiner lachen können: Woran merkt man am Niederrhein, dass es Sommer wird? Daran, dass der Regen wärmer wird. Ich nehme an, dieser Witz stammt jedoch noch aus einer Zeit wo in den Sommermonaten in Deutschland auch noch überwiegend Sommer war und in den Wintermonaten Winter und kein Einheitswetter herrschte!

Ich erinnere mich noch an meine Kindheit, als im Sommer Sommer war und im Winter Winter und Winter heißt bei mir vor allen Dingen SCHNEE. Ohne Schnee auch kein Weihnachten! So einfach ist das. Allerdings komme ich auch nicht vom Niederrhein. 1975, damals war ich 9 Jahre alt, gab es auch eine richtige, mehrwöchige Hitzewelle, mit Temperaturen weit über 30 Grad — und das jeden Tag. (Ausgerechnet in dem Jahr sang Rudi Carrell „Wann wird mal wieder richtig Sommer“.) Heute reden sie im Fernsehen schon von Hitzewelle, wenn es mal drei Tage lang wärmer wird als 25 Grad!

Und irgendwie wird das Wetter auch noch von Jahr zu Jahr schlechter. Ich glaube, wenn noch mal jemand in meiner Gegenwart von Global Warming spricht, erwürge ich ihn. Und richtig mies ist das Wetter auch erst, seit der Kachelmann weg ist!

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